samoth |
Dienstag, 8. Mai 2007
SIE
samoth, 18:13h
Wie kann ich es dir bloß sagen. Damit du mir nicht gleich an den Hals gehst. Ich kenn dich doch. Niemals zuvor habe ich jemanden kennen gelernt, der ...
Da ist also diese Nacht. Da sind die Sterne, da ist ein kleiner Fluss und wir schlagen unser Lager direkt daneben auf. Wir liegen beide in unseren Schlafsäcken und ich schaue wie ein kleiner Junge, ganz gebannt zum Himmel. Ganz dunkel ist es noch nicht, von da drüben ist noch Licht zu sehen, aus dem obersten Stock, vom letzten Haus in der Straße. Aber das stört nicht, weil der Himmel dunkel genug ist und wolkenlos, so dass man die kleinen Blinkerchen da oben wunderbar beobachten kann. Das Flussplätschern ist nicht wirklich leise, dringt aber im gleichmäßigen Sound an unsere Ohren und dazu die Zirpen, was will ich denn eigentlich mehr. Du sprichst von deinem Tag, von dem was heute beim Schauspielunterricht passiert ist. Es geht mal wieder um den Sprechtrainer, der wirklich ein ziemliches Arsch sein muss. Schon zum x-ten Mal hat er dich bloßgestellt – vor all den anderen Schauspielschülern. Du spielst nicht echt genug, das würde dir doch nicht mal deine Großmutter abnehmen, was du hier gerade zum Besten gibst, pudert er dich vor der Klasse runter. Deine Schauspielkollegen freilich haben dir in der Pause erzählt, dass das überhaupt gar nicht stimmen würde. Du hast die Rolle der Carmen von allen am besten ausgefüllt: mit Feuer unter dem Arsch, von wegen nicht echt, hat Claudia noch gesagt. Ich merke wie du mich beobachtest; du konzentrierst dich beim Erzählen auf jedes Detail und bist dabei sehr eloquent. Doch für mich sieht es so aus, als wolltest du dir nicht den Ärger von der Seele reden, sondern eher, als wartest du jetzt nur darauf, dass ich einen Fehler mache, dass z. B. meine Augen müde werden oder so. Und diesen Druck kenne ich gut, den hast du mir wahrlich schon oft genug rübergeschoben. Und noch bevor ich wirklich merke was überhaupt los ist, kommen deine giftigen Pfeile, einer nach dem anderen zu mir herüber geschossen, so dass ich zumindest noch sehen kann, was da auf mich einprasselt. Guter Gott, wie eine Furie springst du aus deinem Schlafsack. Ach, was sag ich, ein Amazonen-Angriff ist ein lockeres Kaffeekränzchen dagegen. Mein kleines Herzchen überschlägt sich, einmal mehr. Und das einzige was mich jetzt davon abhält total zu verzweifeln, ist das sichere Gefühl, dass ich diese Situation ja schon zig mal mit dir erlebt habe. Ohne jede Vorankündigung ratterst du auf mich los, doch zumindest die Folgearie ist dann von der Struktur her oft gleich: Du fühlst dich nicht ernstgenommen. Du spürst, dass ich müde bin, und nicht jedes deiner Wörter auf die Goldwaage lege und du spürst auch, dass ich deine Geschichte nicht so spannend finde. Das ist Gotteslästerung, mindestens, und das hier die Höchststrafe folgt, leuchtet wohl jedem ein. Warum stellst du mir keine Fragen, wieso fragst du denn nicht nach, warum meine Mutter so hart zu mir war. Warum, warum, warum... Kein Vertrauen, du interessierst dich doch gar nicht für mich..., das sind noch die kleineren Verbrechen, die ich dabei regelmäßig begehe. Um dann nur knapp mit meiner Haut davon zu kommen. Na ja, wenn man mal von den Narben auf meiner gestörten Seele absieht. Und die werden nicht kleiner. Und mehr werden es auch. Was denkst du denn. Doch zurück zum Fluss, zu der Nacht, die jetzt schon nicht mehr so ruhig dahin plätschert und mich aus meinem Lagerfeuertraum schon längst wieder in die kleine Kathi-Hölle geworfen hat. Wie in einem dunklen Keller und dazu mit Augenklappe, renne ich gegen jede nur denkbare Wand. Zack, aber ich vertrau dir doch. Peng, und ob ich dir zugehört habe. Autsch, aber ich hab das doch gar nicht so gemeint. Und noch bevor ich auch nur mal für einen kurzen Augenblick mein Gehirn für einen logischen Gedankengang freikriege, stehe ich vor dem 23. Scherbenhaufen dieser wunderbaren Beziehung. Man o man, ne. Scheiße. Und das ist ja erst der Anfang. Du bist wirklich das Allerletzte, brüllst du mich mit einer Lautstärke an, dass ich mir wünsche, dass hier außer mir ja keiner einen Herzinfarkt kriegt. Nicht die Fische im Fluss und auch nicht die netten Menschen in dem letzten Haus der Straße, wo eben noch das Licht im Obergeschoss brannte. ... comment |
Online seit 6441 Tagen
Letzte Aktualisierung: 2018.03.12, 20:57 status
Menu
Suche
Kalender
Letzte Aktualisierungen
Lange nicht mehr hier...
Tja, was für ein Tag, fast 8 Jahre her, nach dem... by samoth (2018.03.12, 20:57) Unberechenbar
Jemand sagte zu jemand anderem, dass er unberechenbar... by samoth (2010.11.04, 11:41) Hübsche Wörterkombinationen
Münder müssen küssen Wortwellenwei by samoth (2010.05.19, 12:57) |